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Laptop auf einem Tisch, Füller mit offener Kappe, Klemmbrett mit Notiz "Open Projects"
Michael Hannig

Die Abnahme bei IT-Projekten

In sämtlichen IT-Projekten, die werkvertragliche Leistungen beinhalten, ist früher oder später eine Abnahme durchzuführen. Ganz klassisch fallen hierunter Individualentwicklungen sowie die individuelle Anpassung von Standardsoftware. Jedoch auch in agilen Softwareprojekten kommen in der Regel werkvertragliche Aspekte vor, wenn es darum geht, von Sprint zu Sprint einen bestimmten Leistungsstand zu erreichen. Je agiler das Projekt, desto schwieriger natürlich die rechtliche Beurteilung, die – für beide Parteien bindend – erst im Falle eines Gerichtsverfahrens durch das Gericht vorgenommen wird.

In der Praxis erleben wir regelmäßig, dass eine Abnahme gar nicht oder nur äußerst rudimentär durchgeführt wurde. Oft fehlt auch das Bewusstsein dafür, warum die Abnahme so wichtig ist und welche Rechtsfolgen mit ihr einhergehen. Da derartige Versäumnisse meist erst dann auffallen, wenn die Fronten bereits verhärtet sind und das Projekt gescheitert ist, ist es schwierig bis unmöglich, eine Abnahme zu diesem Zeitpunkt noch nachzuholen.

Mit diesem Beitrag soll daher das Bewusstsein dafür geschärft werden, was bei der Durchführung der Abnahme zu beachten ist.

Wofür ist die Abnahme da?

Die Abnahme signalisiert bei Werkverträgen den Übergang von der Leistungs- in die Gewährleistungsphase. Das bedeutet, dass mit Erklärung der Abnahme die Leistungspflichten erlöschen und die Gewährleistungspflichten des Auftragnehmers beginnen – das Werk wird (sofern es keine Vorbehalte gibt) als vertragskonform erklärt.

Mit anderen Worten stellt die Abnahme das „Ende“ des ursprünglichen Projekts dar.

Es kann jedoch auch vorkommen, dass in einem Projekt mehrere Abnahmen stattfinden, weil es beispielsweise eigenständige Teilwerke gibt, die eigens abgenommen werden können und sollen. Das kann insbesondere dann Sinn machen, wenn die Mangelfreiheit eines eigenständigen Teilwerks später nicht mehr ausreichend geprüft werden kann. In solchen Fällen ist dann darauf zu achten, dass mit der Teilabnahme noch keine Vorwegnahme der insgesamten Abnahme erfolgt.

Warum ist die Abnahme so wichtig?

Die Erklärung der Abnahme hat gleich mehrere entscheidende Auswirkungen, sowohl für Auftraggeber als auch Auftragnehmer.

Zunächst beginnt durch den Übergang in den Gewährleistungszeitraum die Gewährleistungsfrist von i.d.R. zwei Jahren zu laufen. Dieses Datum sollten daher alle Vertragsparteien genauestens im Blick haben, da in der Praxis regelmäßig durch zu langes Zuwarten eine Verjährung etwaiger Ansprüche eintritt.

Weiter löst die Abnahme die Vergütungspflicht der Werkleistung aus, sofern nicht im Vertrag anderweitige Vereinbarungen getroffen worden sind.

Mit der Abnahme tritt dann auch eine sog. Beweislastumkehr ein. Während in dem Zeitraum bis zur Abnahme der Auftragnehmer den Nachweis führen muss, dass das erstellte Werk mangelfrei ist, muss nach der Abnahme der Auftraggeber das Vorliegen eines Mangels zum Zeitpunkt der Abnahme beweisen können. Gerade dies lässt in der Praxis erhebliche Risiken entstehen, denn ein solcher Beweis kann nach gewissem Zeitablauf oft überhaupt nicht mehr oder nur mit erheblichem Aufwand geführt werden. Ohne einen teuren Sachverständigen funktioniert dabei gar nichts. Kommt es in der Folge also zu einem Rechtsstreit, hat meist derjenige das Nachsehen, der sich in der Beweislast befindet, zumal die Gerichte auch nicht müde werden, gerade unter Hinweis auf diese Beweislast zu einem Vergleich zu drängen. 

Wie muss die Abnahme ablaufen?

Für den Auftragnehmer gibt es mehrere Möglichkeiten, eine Abnahme herbeizuführen.

Der klassische Fall ist die einvernehmliche rechtsgeschäftliche Abnahme, bei der der Auftraggeber ausdrücklich die Abnahme erklärt und beispielsweise ein Abnahmeprotokoll unterzeichnet. Daneben kann der Auftragnehmer den Auftraggeber aber auch zur Abnahme binnen Frist auffordern. Diesen Weg sollte der Auftragnehmer wählen, wenn der Auftraggeber eine Abnahme verweigert. Natürlich kann diese Fristsetzung auch bereits in der Fertigstellungsmeldung und der ersten Aufforderung zur Erklärung der Abnahme enthalten sein. Wurde mit Frist aufgefordert, muss der Auftraggeber dann unter Angabe mindestens eines Mangels die Abnahme verweigern, da andernfalls die Abnahme als erklärt gilt.

In der Praxis ebenso häufig ist die sog. konkludente Abnahme. Dabei kann eine Abnahme auch dadurch erfolgen, dass der Auftraggeber durch sein Verhalten beim Auftragnehmer den Anschein erweckt, er billige das Werk als vertragsgemäß und wolle es abnehmen. Wesentliche Aspekte in diesem Zusammenhang sind z.B. die rügelose Bezahlung der Vergütung, die (längere) Inbetriebnahme des Werks, etc.

Gerade im Zusammenhang mit etwaigen Mängeln gilt es bei der Abnahme zu beachten, dass diese nicht erklärt werden darf, wenn bestimmte Mängel erkannt werden. Entweder die Abnahme muss verweigert werden, weil nicht nur unerhebliche Mängel vorliegen, oder die Abnahme muss unter Vorbehalt erklärt werden, wobei dann die erkannten Mängel konkret zu bezeichnen sind. Ohne einen solchen Vorbehalt würde der Auftraggeber seine Mängelrechte in Bezug auf diese Mängel verlieren – dies gilt es zwingend zu vermeiden.

Ergebnis

Eine Abnahme sollte also nie leichtfertig erklärt werden, da damit gravierende Rechtsfolgen einhergehen. Die Frage, ob eine Abnahme vorliegt oder nicht, kann über Sieg oder Niederlage in einem späteren Gerichtsverfahren entscheiden. Selbstverständlich sind auch hinsichtlich der Abnahme Regelungen im zugrundeliegenden Vertrag möglich.

Gerne unterstützen wir Sie bei sämtlichen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit IT-Projekten!

(Bildquelle: pixabay.com)

Michael Hannig

Partner, Rechtsanwalt - Leitung Referat IT, Daten und Marken

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