Sittenwidrigkeit einer Enterbung?
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„Ich vermache meiner Tochter mein Haus“ - kann das schon eine Erbeinsetzung sein?
In privatschriftlichen Testamenten finden sich häufig Regelungen wie „Ich vermache meiner Tochter mein Haus. Sie soll auch meinen Schmuck bekommen“, während zum restlichen Nachlass, wie z. B. Ersparnisse, nichts weiter geregelt wird. Dann stellt sich die Frage, „Was war gewollt, wie ist die Regelung zu verstehen?“.
Zunächst ist zu unterscheiden zwischen einem „Erben“ und der Anordnung, jemanden etwas zu „vererben“ einerseits und dem Vermächtnisnehmer und der Anordnung, jemanden einen bestimmten Gegenstand zu „vermachen“, andererseits. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass der Alleinerbe über den gesamten Nachlass verfügen darf, während dem Vermächtnisnehmer nur ein Anspruch auf den bestimmten Gegenstand zusteht.
„Ich vermache meiner Tochter mein Haus. Sie soll auch meinen Schmuck bekommen“, ist dem Wortlaut nach zunächst ein Vermächtnis bezüglich Haus und Schmuck. Da im Übrigen nichts geregelt ist, würde der restliche Nachlass, z. B. Inventar, Ersparnisse den gesetzlichen Erben zustehen, sofern sich nicht ein anderer Wille des Erblassers ergibt. Lässt sich der Wille nicht zweifelsfrei ermitteln, kann die gesetzliche Auslegungsregel zur Anwendung kommen: Handelt es sich bei dem vermachten Gegenstand um den zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung wesentlichen Vermögensgegenstand des Erblassers, dann kann eine Erbeinsetzung angenommen werden. Für das obige Beispiel würde das bedeuten, die Tochter würde den ganzen Nachlass erhalten. Maßgeblich für die Beurteilung sind dabei die Wertverhältnisse der Vermögensgegenstände des Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments sowie die Wertvorstellungen des Erblassers.
Fazit für die Praxis:
Wer es seinen Hinterbliebenen leichtmachen möchte, der sollte auf die präzise Formulierung achten, um Lücken und Interpretationsspielräume zu vermeiden.
(Bildquelle: pixabay.com)