Sittenwidrigkeit einer Enterbung?
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Sittenwidrigkeit einer Enterbung?
Das eigenhändige Testament ist formal schnell errichtet. Aber sind die Regelungen inhaltlich auch wirksam?
Manche Regelungen können sittenwidrig und damit nichtig sein. Das OLG München hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob die Bestimmung sittenwidrig ist, dass der Sohn Miterbe zu ½ werden soll, jedoch enterbt ist, wenn er seine Lebensgefährtin heiratet. Der Sohn hatte noch vor dem Erbfall seine Lebensgefährtin geheiratet. Die Hinterbliebenen stritten darum, ob der Sohn Miterbe zu ½ ist.
Sittenwidrigkeit kann dann gegeben sein, wenn durch die testamentarische Klausel die durch das Grundgesetz gewährleistete Eheschließungsfreiheit zumindest mittelbar beeinflusst wird. Wann eine solche Beeinflussung vorliegt ist Frage des Einzelfalles und auch in der Rechtsprechung nicht unumstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat z. B. in den Fällen eine Sittenwidrigkeit angenommen, in denen der Nacherbe vor die Wahl gestellt wurde, entweder eine im Sinne der familiären Hausverfassung „ebenbürtige Ehe“ einzugehen und damit als Nacherbe berufen ist, oder aber die Stellung als Nacherbe zu verlieren, wenn die Ehe nicht im „ebenbürtig“ ist (BVerfG (NJW 2004, 2008 – „Hohenzollern“)).
Hier hat das OLG die Sittenwidrigkeit aus verschiedenen Gründen verneint. U. a. würde durch die Regelung hier kein nennenswerter Druck ausgeübt. Denn die Nennung im Testament begründet noch keinen Rechtsanspruch. Der Erblasser hätte sein Testament nach Kenntnis von der Eheschließung jederzeit ändern können und den Sohn ohne jede Begründung enterben können. Auch dann wäre ihm nur der Pflichtteil geblieben. Ferner sei dem Sohn nicht nahezu jegliche Eheschließung „untersagt“ worden, sondern die Regelung bezog sich nur auf diese Lebensgefährtin. Der Erblasser habe damit verhindern wollen, dass diese Einfluss auf den Betrieb nimmt, in dem der Sohn tätig war und nach dem Willen seines Vaters auch tätig bleiben sollte. Auf diese Weise habe er sein Lebenswerk sichern wollen.
Fazit für die Praxis:
Regelungen, die die Erbeinsetzung an bestimmte Bedingungen knüpfen, sind sehr genau zu prüfen. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die Einflussnahme auf die Eheschließungsfreiheit. Denn auch andere Regelungen sind unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit zu betrachten. Das betrifft zum Beispiel die Verknüpfung der Erbeinsetzung mit der Erbringung von Pflegeleistungen oder der Forderung nach regelmäßigen Besuchen beim Erblasser.
(Bildquelle: pixabay.com)