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Dr. Helmut Loibl

Ist das Aus für einen Großteil der Biogasbranche eingeläutet?

Die Ausschreibungsergebnisse (Ausschreibung 1. April 2024) liegen jetzt vor und zeigen ein düsteres Bild für die gesamte Biogasbranche. Wenn der Gesetzgeber jetzt nicht endlich handelt, werden in den nächsten Jahren nicht nur Hunderte von Biogasanlagen vom Netz gehen, dann bleiben auch zahlreiche Wärmenetze kalt!

Warum ist das so?

Bei der Biogasausschreibung vom 1. April 2024 haben 788 Biogasanlagenbetreiber Gebote abgegeben, lediglich 263 erhielten auch einen Zuschlag. Von den gebotenen 742 MW elektrischer Leistung wurden nur knapp 242 MW berücksichtigt, über 500 MW und 525 Anlagenbetreiber gingen leer aus! Das sind gute zwei Drittel der abgegebenen Gebote! Viele Anlagenbetreiber, deren Erstlaufzeit jetzt oder 2025 zu Ende geht, brauchen aber dringend einen Zuschlag.

Warum bieten die Betreiber nicht einfach weniger?

Besonders dramatisch ist hierbei, dass die höchsten, gerade noch bezuschlagten Gebote im Süden bei 18,48 ct/kWh und im Norden nur noch bei 17,8 ct/kWh lagen. Alle Gebote, die über diesem Wert waren (zulässig wäre bei Bestandsanlagen ein Wert bis 19,83 ct/kWh gewesen), wurden also nicht berücksichtigt.

Man könnte jetzt fragen: Warum bieten die Betreiber denn nicht einfach weniger, dann erhalten sie doch einen Zuschlag?!?

Diese Einschätzung ist aus zweierlei Gründen falsch:

  1. Solange das Ausschreibungsvolumen nicht erheblich erhöht wird, bleibt es zwangsweise dabei, dass der Großteil der Anlagen eben keinen Zuschlag erhält. Ein geringeres Gebot erhöht zwar die eigenen Chancen auf einen Zuschlag, führt aber nicht dazu, dass mehr Leistung oder mehr Anlagen bezuschlagt werden würden.
  2. Ganz entscheidend ist jedoch ein anderer Gesichtspunkt: Wir beraten und begleiten sehr viele Biogasbetreiber, nicht nur bei der Ausschreibung selbst, sondern auch bei der Entwicklung zukunftsfähiger Konzepte. Ob diese nun auf die Erschließung neuer Wärmesenken, die hochflexible Stromproduktion, die dezentrale Strom- und Wärmeversorgung vor Ort oder anderes gerichtet sind, eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind tragfähig für eine wirtschaftliche Zukunft der Biogasanlage. Allerdings im Regelfall nicht mit einem Gebotswert von maximal 17,8 ct/kWh!

Dabei geht es den Anlagenbetreibern schon lange nicht mehr um eine „Gewinnmaximierung“, sondern ums nackte Überleben. Nach unserer Erfahrung liegen die Kosten pro kWh oft zwischen 17 und 18 ct/kWh, dass hier also eine Biogasanlage mit einem Zuschlag von maximal 17,8 ct/kWh häufig wirtschaftlich keine wirkliche Zukunft hat, liegt auf der Hand.

Was müsste der Gesetzgeber tun?

Die Lösung ist relativ einfach: Es muss das Ausschreibungsvolumen für die Biomasseausschreibung massiv erhöht werden! Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass gut zwei Drittel der Gebote nicht berücksichtigt wurden, ein Ausschreibungsvolumen von mindestens 1.500 MW pro Kalenderjahr würde die Situation erheblich verbessern.

Damit würden letztendlich viele der Betreiber die mit zukunftsfähigen Konzepten Gebote abgegeben haben, auch mit den für sie wirtschaftlichen Gebotshöhen einen Zuschlag bekommen können.

Zwar hat der Gesetzgeber für 2025 die Gebotsmenge der nicht bezuschlagten Biomethanausschreibung teilweise der Biogasausschreibung zugeschlagen, dieses überschaubare Zusatzvolumen reicht aber nicht ansatzweise aus, um den in den nächsten Jahren auslaufenden Biogasanlagen eine Perspektive zu bieten.

Wann muss der Gesetzgeber tätig werden?

Jetzt! Viele Biogasanlagen laufen Ende 2024 aus ihrer EEG-Vergütung aus, für diese ist ab 01.01.2025 ein wirtschaftlicher Betrieb ausgeschlossen. Zwar könnte eine solche Anlage – sofern sie die Zwischenzeit wirtschaftlich überlebt – noch 2025 an der Ausschreibung teilnehmen, eine spätere Teilnahme wäre aber ruinös: Jede Bestandsanlage erhält maximal den Durchschnitt der EEG-Vergütung der 3 Kalenderjahre vor der Ausschreibung. Nimmt eine 2004er Anlage also erst 2026 teil, zählt das Jahr 2025 mit null EEG-Vergütung bereits mit, ein wirtschaftlicher Betrieb ist damit nicht mehr möglich.

Vor diesem Hintergrund ist dringender Handlungsbedarf gegeben, da gerade in den nächsten Jahren viele Biogasanlagen das Ende ihrer Erstlaufzeit erreicht haben.

Und wenn der Gesetzgeber nicht handelt?

Dann gehen in den nächsten Jahren bei vielen Biogasanlagen die Lichter aus. In diesen Anlagen wird dann kein grüner Strom mehr produziert. Und kein hochflexibler Strom, um das Netz zu stabilisieren. Auch die angeschlossenen Wärmenetze bleiben kalt.

Der Gesetzgeber muss jetzt entscheiden: Will er tatsächlich zwei Drittel der Biogasbranche, also tausende von Biogasanlagen, die dem Stand der Technik entsprechen, voll funktionsfähig sind und zudem tragfähige Konzepte für die Zukunft entwickelt haben, durch seine Untätigkeit faktisch abschalten?

(Bildquelle: pixabay.com)

Dr. Helmut Loibl

Partner, Rechtsanwalt - Leitung Referat Erneuerbare Energien

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