Die Agri-PV-Anlage: Die eierlegende Wollmilchsau unter den EEG-Anlagen (?)
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Das Solarpaket I
Nach langem politischen Hin und Her wurde in dieser Woche das lang erwartete Solarpaket I im Bundestag beschlossen.
Auf Basis der Ausschussdrucksache 20(25)593 vom 15.04.2024 ergeben sich im EEG teilweise erhebliche Abänderungen, insbesondere für PV-Anlagen. Der Gesetzgeber krempelt hier, wie erwartet, einiges um, was für alle relevant sein dürfte, die momentan PV-Anlagen planen und eine Inbetriebsetzung unter dem EEG 2023 der Anlage anstreben. Dies sowohl bei Freiflächenanlagen in der Ausschreibung (Anlagen des sog. 1. Segments) als auch für Dachanlagen in der Ausschreibung (Anlagen des sog. 2 Segments), welche hier vorrangig betrachtet werden:
1. Segment
Auf Projektierer sowie zukünftige Anlagenbetreiber kommen neue Aufgaben zu, die der Gesetzgeber für bestimmte Freiflächenanlagen vorsieht. Bei PV-Freiflächen-Anlagen, die an der Ausschreibung teilnehmen, sollen sogenannte naturschutzfachliche Mindestkriterien vorliegen, hier kann der Anlagenbetreiber aus einem Katalog von 5 Mindestkriterien 3 auswählen, die er erfüllen muss. Hierzu zählt beispielsweise der Verzicht auf Pflanzenschutz- oder Düngemitteln oder die ökologische Aufwertung eines Bodens unter einer Anlage. Dies ist mit Abgabe des Gebotes bei der Bundesnetzagentur mitzuteilen. Hier sind, wie immer im EEG, entsprechende Übergangsvorschriften zu beachten.
Ebenso hat der Gesetzgeber die Erhöhung der maximalen Gebotsmenge eines Gebots von 20 Megawatt auf 50 MW beschlossen.
Auch für die in der Landwirtschaft immer relevanteren sog. Agri-PV-Anlagen gibt es Neuigkeiten:
Wenn Agri-PV-Anlagen ausschließlich senkrecht ausgerichtet werden und mindestens eine lichte Höhe von 0,8 m aufweisen, sonst insgesamt aber mindestens in einer lichten Höhe von 2,10 m aufgestellt/aufgeständert werden, dann sind diese berechtigt, am neuen Untersegment für besondere Solaranlagen teilzunehmen.
Diese besonderen PV-Anlagen dürfen im Kalenderjahr 2024 einen abweichenden Höchstwert bieten, dieser beträgt 9,5 Cent pro kWh, ab Jahr 2025 wird dieser abgesenkt.
Der ursprünglich vorgesehene Bonus für die extensive Landbewirtschaftung ist hingegen nicht mehr enthalten.
Bei den Gebotsterminen jeweils zum 1. März, 1. Juli und 1. Dezember werden die besonderen Solaranlagen zunächst und vorrangig bezuschlagt. Die Bundesnetzagentur bezuschlagt hierbei im Kalenderjahr 2024 vorrangig 300 Megawatt dieser besonderen PV-Anlagen, diese Zahl steigt bis zum Jahr 2029 weiter stetig auf sodann 2.075 Megawatt an. Damit haben die besonderen PV-Anlagen, damit auch die Agri-PV-Anlagen, unter Einhaltung der besonderen Voraussetzungen einen nicht unbeachtlichen Wettbewerbsvorteil.
2. Segment
Bei den Anlagen des 2. Segments ergeben sich wesentlich umfassendere Änderungen:
So sind nunmehr Solaranlagen des 2. Segments, also PV-Dachanlagen, mit einer installierten elektrischen Leistung bis einschließlich 750 kWp (Modulleistung) vom Erfordernis der vorhergehenden Ausschreibung ausgenommen, damit wird die Grenze bei PV-Dachanlagen von genau 1.000 kWp auf 750 kWp verschoben. Dementsprechend müssen alle PV-Anlagen, die sich auf Dächern befinden und eine installierte elektrische Leistung von mindestens 751 kWp haben, wieder an der Ausschreibung teilnehmen, das entsprach auch (zum Teil) den Vorschriften im EEG 2021. Dies dürfte für alle relevant sein, die in einem Leistungsbereich um ca. 750 kWp herum planen, da an der Entscheidung, ob man in die Ausschreibung geht, oder nicht, viele weitere juristische und tatsächliche Folgefragen hängen.
Ebenso sieht die neue Fassung vor, dass eine Verringerung der Frist zur Rückerstattung des Projektsicherungsbeitrages auf 3 Monate nach der Inbetriebnahme erfolgt (statt vorher nach der ersten Jahresendabrechnung). Dies dürfte für die Fi-nanzierung sicherlich auch relevant sein.
Des Weiteren wird das zur Verfügung stehende Volumen stark angehoben. Bei den jeweiligen Ausschreibungsterminen für PV-Anlagen des 2. Segments, die jeweils zu den Gebotsterminen am 1. Februar, 1. Juni und 1. Oktober stattfinden, werden die bisherigen Ausschreibungsvolumina (2024 900 MW sowie 2025 bis 2029 jeweils 1.100 MW) ordentlich erhöht, dies auf die folgenden Werte:
1.400 MW in 2024, 1.800 MW in 2025, 2026 bis 2029 jeweils 2.300 MW und für das Jahr 2024 bei den zwei restlichen Gebotsterminen am 1. Juni und 1. Oktober jeweils 550 MW.
Damit steht wesentlich mehr an Volumen zur Verfügung. Dies dürfte positiv sein, da der Wettbewerb untereinander, also zwischen den Bietern, etwas entzerrt wird. Bei den letzten Terminen beim 2. Segment hat sich gezeigt, dass auch der Wettbewerbsdruck hier immer mehr zunehmen wird.
3. Anlagen in der gesetzlichen Vergütung
Der Gesetzgeber verschiebt ebenso im Nachgang eine Frist im Rahmen der sogenannten Solarstadl-Regelung. War es bislang noch so, dass ein Großteil der insbesondere landwirtschaftlichen Gebäude im bauplanungsrechtlichen Außenbereich keine erhöhte Vergütung, damit auch keine erhöhte Volleinspeisevergütung erlangen konnte, wird dies rückwirkend für viele Anlagen in Betracht kommen. Die Frist aus dem § 48 Abs. 3 wird auf den 01.03.2023 verschoben, was für alle PV-Anlagen auf Nicht-Wohngebäuden im bauplanungsrechtlichen Außenbereich relevant sein dürfte, bei denen vor dem 01.03.2023 insbesondere der Bauantrag gestellt wurde.
4. Genehmigungsvorbehalt durch die EU
Nach § 101 EEG 2023 n.F. stehen bestimmte Regelungen in der Abänderung des EEG unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die europäische Kommission. Erst wenn die EU-Kommission die Regelungen genehmigt, dann darf sowohl der jeweils zuständige Verteilnetzbetreiber als auch insbesondere die Bundesnetzagentur die neuen Vorgaben bei den Ausschreibungen anwenden.
Dazu zählt auch ein Großteil der dargestellten Regelungen – so die Regelungen zur Ausschreibung. Ebenso ist abzuwarten, ob das Gesetz in der vorliegenden Form schlussendlich im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird.
Vor diesem Hintergrund ist abzuwarten, wie schnell die EU-Kommission ist. Aufgrund des hohen Drucks in der Branche ist unter Umständen (hoffentlich) davon auszugehen, dass es im Zweifel schneller gehen wird, als bei den letzten Malen.
Für Anlagenbetreiber und die, die es zeitnah werden wollen, ist daher noch etwas Geduld gefragt, bis abschließende Rechtssicherheit besteht.
Das Solarpaket 1 erhöht aber sicherlich die Chancen, mit bestimmten Anlagentypen und einer auf das EEG abgestimmten wirtschaftlichen Planung wesentlich attraktivere Ergebnisse zu erzielen, als noch in der Ausgangslage im EEG 2023 vor dem Solarpaket I.
(Bildquelle: pixabay.com)